Sivan Ben Yishai

Werk

Oder: Du verdienst deinen Krieg (Eight Soldiers Moonsick)
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Theaterstück, 2019

Acht junge weibliche Körper liegen in einem Zelt, atmen im Gleichklang und beschützen die Gewehre, die unter ihren Matratzen auf den nächsten Einsatz warten. Ihre Albträume in der Nacht und die Wachträume des Militäralltags erleben sie gemeinsam.
Sie lernen zu überleben, sie salutieren den verstorbenen Kameradinnen. Sie lernen auch, dass die Matratzen der Selbstmörderinnen weggeworfen werden. Trotzdem wird man die Soldatinnen zu den Märtyrerinnen zählen, die für ihr Land fallen. Immer wieder umkreisen sie die vielfältige Möglichkeit ihres eigenen Todes. Was stirbt in einem, wenn man den Abzug eines geladenen Gewehrs betätigt? Wann hat die Enteignung des eigenen Körpers angefangen? In die spiralförmige Erfahrung des Ich-Verlusts weben sich Kindheitserinnerungen: Als Papa auf das Lenkrad trommelte und die Kleinfamilie sicher in einem Camper durchs Land fuhr: »in diesem Camper getragen wie im Bauch eines Tiers, das durch ein brennendes Land rennt. Warum rennt das Tier dem Feuer entgegen?«
Im vierten Teil ihrer Tetralogie Let The Blood Come Out To Show Them hält die Autorin Sivan Ben Yishai eine Zeremonie der Erinnerung ab. Welche sichtbaren und unsichtbaren Spuren hinterlässt der Dienst am sogenannten Vaterland? ich wollte fragen, ich wollte wirklich gerne fragen, wer derjenige war, der sagte: »Schätzchen, es ist nur ein Traum, schlaf weiter«, und mich zurück in meinen Krieg deportierte.

ich wollte fragen,
ich wollte wirklich gerne fragen,
wer derjenige war, der sagte:
»Schätzchen, es ist nur ein Traum, schlaf weiter«,
und mich zurück in meinen Krieg deportierte.

Der Text entstand im Laufe des Internationalen Dramatiker*innenlabors Krieg im Frieden, ein Kooperationsprojekt des Literarischen Colloquiums Berlin, des Maxim Gorki Theaters / Studio, des Neuen Instituts für Dramatisches Schreiben und der Robert Bosch Stiftung

Aufführungsrechte: Suhrkamp Verlag Berlin

Die Geschichte vom Leben und Sterben des neuen Juppi Ja Jey Juden
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Theaterstück, 2018

Bühne frei für die Dankesrede, den Monolog, die Umarmung einer israelischen Künstlerin, die ihr deutsches Publikum mit ihrer Dankbarkeit in den Schwitzkasten nimmt. Sie erzählt von dem Verlassen ihres Landes, von der freundlichen Aufnahme in Deutschland, den Sprachkursen, dem Stiftungsdschungel, durch den sie sich durchkämpfen musste, um dort anzukommen, wo sie heute ist – als neuer jüdisch-israelische Star am Himmel der deutschen (Kunst-)Landschaft. Spät versteht man, dass aus dem wortgewaltigen Angriff ihrer Liebe nur die Flucht in den Diasporagarten des Jüdischen Museums möglich ist. Und dort warten schon die Tiger. Mit Elementen aus Moran Sanderovichs Perfomance Gog and Magog.

Die Geschichte vom Leben und Sterben des neuen Juppi Ja Jey Juden ist der zweite Teil einer Tetralogie von Sivan Ben Yishai und entstand im Rahmen der Radikalen Jüdischen Kulturtage 2017 im Studio Я, gefördert von der Kulturstiftung des Bundes und der Senatsverwaltung für Kultur und Europa.

Sivan Ben Yishai, geboren 1978, lebt in Berlin. Yishai arbeitet als Autorin und Theaterregisseurin. Am Gorki wurden ihre Stücke Die Geschichte vom Leben und Sterben des neuen Juppi Ja Jey Juden sowie Papa Liebt Dich aufgeführt. Im Rahmen des 4. Berliner Herbstsalons wird ihre Arbeit Oder: Du Verdienst Deinen Krieg (Eight Soldiers Moonsick) uraufgeführt.